Sauerkraut anno dazumal

Gruakraut

Daran, wie das Sauerkraut früher zubereitet wurde, erinnern auch heute noch große runde Bottiche aus Granit oder Holz, wie man sie, gefüllt mit wuchernden Pelagonien, Betunien oder Tagetes, am Sonnenplatzl vor so manchem Bauernhof findet.

Sie haben für gewöhnlich einen Durchmesser von einem bis anderthalb Meter, sind etwa einen Meter hoch und haben ihr letztes Sauerkraut meist schon vor einigen Jahrzehnten gesehen.

 

Heute verwendet man zum Sauerkrautmachen meist die zwar hygienischeren, aber längst nicht so dekorativen Plastikcontainer. Und: Wie viele Bauern gibt es denn noch, die ihr Kraut mit gewaltigem Energie- und Arbeitsaufwand selbst einlegen, wenn sie es doch auch ziemlich preisgünstig und vakuumverpackt im nächsten Supermarkt erstehen können?

Es ist also schon eine Weile her, dass das Sauerkraut die Seele der bäuerlichen Vorratswirtschaft war. Seine Geburtsstunde schlug im Herbst, wenn zwischen September und November die Krauthappeln durch Abtrennen von den Wurzeln geerntet wurden und danach noch einige Wochen lang im Stadel lagerten. Fehlerhafte Blätter schied man aus, Strünke schnitt man ab und den Rest zerteilte man in keilförmige Stücke, damit sie sich möglichst gut zum Krauthobeln eigneten.

Nach dem Hobeln wurde der Boden des Bottichs mit großen Krautblättern ausgelegt und zunächst mit einer Schicht des gehobelten Krauts sowie Salz,
Kümmel, ein paar Apfelscheiben und Wacholderbeeren bestreut. Bevor eine neue Lage aufgelegt werden konnte, wurde die alte entweder mit bloßen Fäusten oder groben Stößeln, bei besonders großen Bottichen aber auch mit nackten Füßen oder Holzpantoffeln ordentlich durchgestampft, bis der Bottich voll war. Die Oberfläche belegte man mit einer weiteren Schicht ungehobelter Krautblätter und deckte sie mit Brettern ab, auf denen einige schwere Steine
für den nötigen Druck sorgten.

An den chemischen Prozessen, die sich nunmehr abspielen, hat sich auch in der heutigen Zeit nichts geändert. Schaum steigt auf und muss immer wieder aufs Neue abgeschöpft werden. Das Kraut beginnt zu gären. Innerhalb der nächsten vier bis sechs Wochen wird aus dem gehobelten Weißkohl Sauerkraut, indem Stärke und Zucker in Milchsäure umgewandelt werden. Die milchsaure Gärung macht den Weißkohl nicht nur delikat und bekömmlich, sondern auch haltbar, so dass er das ganze Jahr über als Grundnahrungsmittel dienen kann.

Eine besonders archaische und daher heute wohl nur noch museumsreife Zubereitungsart für Sauerkraut ist das so genannte „Gruakraut“ (Grubenkraut).
Dabei wurden die zugeschnittenen Krauthappelköpfe zunächst in kochendem Wasser, meist sogar noch auf einer improvisierten Feuerstelle auf dem Feld
gesotten und mit einer „Krautgobi“ herausgenommen. Dann schichtete man das Kraut in die Krautgrube (auch: Krautaller, Krautsölln oder Krautstieber),
ein gute zwei Meter tiefes und über einen halben Meter breites Erdloch, das mit Holzpfählen gepölzt und mit Stroh ausgekleidet war. Mit dem Strunk nach
oben legte man die Krautköpfe ein und trat sie wie bei der traditionellen Sauerkrautherstellung zusammen, bis die Grube bis zu etwa einem Meter unter der Erdoberfläche gefüllt war. Nunmehr wurde sie mit Brettern, Tüchern und Steinen abgedeckt – und möglichst lange vergessen.

Im Gegensatz zum normalen Sauerkraut war „Gruakraut“ nämlich bis zu fünf Jahren haltbar. Für den größeren Bedarf errichtete man in manchen Orten sogar eigene Krautsiederhäuser. Tarnte man das „ Gruakraut“ indessen geschickt in der Landschaft, so konnte man damit auch in Kriegszeiten überleben. Geschmacklich mundete das Grubenkraut dem Vernehmen nach „kerniger“ als Fasskraut, und Peter Rosegger beteuerte in seiner Zeitschrift „Haus und Heim“ sogar, dass man „seiner nie überdrüssig wird“.

Autor: Christoph Wagner

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15 Kommentare „Gruakraut“

  1. Gast — 2.9.2013 um 20:00 Uhr

    Kann mir bitte sagen, wie man aus Kohl plötzlich Kraut macht? Weil dann kann man auch aus Eisen Gold machen!!!!

    • Schlesier
      Schlesier — 30.10.2018 um 16:38 Uhr

      Lieber Mike ! Nicht falsch verstehen (nicht meine Absicht!),aber seit Ewigkeiten ( jedenfalls bei uns Schlesier) wird immer schon Sauerkraut gemacht und nicht Sauerkohl und wird nicht nachgefragt(überflüssig) warum !Es ist Sauerkraut!,ob es paßt oder nicht! Gruß nach Wien - wundershöne Stadt! Tschüss!

    • Schlesier
      Schlesier — 29.10.2018 um 14:01 Uhr

      Wie kannst Du nur so eine b...te Frage stellen?! Wo lebst Du?

  2. Ute Holzi
    Ute Holzi — 12.11.2018 um 07:48 Uhr

    mgrieglerAha.Weißkohl und Weißkraut ist ja wohl das gleiche. Ich lasse mich aber gerne eines Besseren belehren, falls es einen Unterschied geben sollte.?

  3. Haim
    Haim — 15.1.2016 um 18:26 Uhr

    Ich mache mein Sauerkraut immer selbst!!

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